Diafine - Wunderdroge? Teil 1: Einleitung
Diafine - Wunderdroge? Teil 1: Einleitung
Von Jahr zu Jahr, so hat man zu mindestens den Eindruck, gibt es in Bergen weniger Regen und mehr Sonne. Für eine Stadt, die von den Wetterämtern mit 300 Regentagen im Jahr (oder so ähnlich) für Touristen regelrecht madig gemacht wird, ist das beträchtlich!
Mit der Sonne steigt auch die Temperatur, das weiß der Frosch im Glas und auch meine Entwicklerbrühe (Rodinal). Jedenfalls erreiche ich hier im Sommer Temperaturen, wo andere dafür teuer in den Süden fahren müssen. Das liegt daran, das ich auf ´nem Berg wohne mit Süd-West-Nord - Richtung und demzufolge die volle Sonne abbekomme. Um auf Rodinal zurückzukommen, ich erreiche Entwicklungszeiten, die in ihrer Kürze nicht mehr toleriert werden können und dann sollten sich ja mindestens 5ml Rodinal an den Film „schmiegen“, was dann bei mir mit der Dosenentwicklung 1+100 und höher ausschließt.
Nun habe ich oft in den Internet-Foren und aber auch bei seriösen Photographen von der Wunderdroge Diafine schwärmen „sehen“. Unabhängig im Temperaturbereich von 21°C bis 29°C, immer die selbe Entwicklungszeit 3 min und 3 min, automatischer Push der Filme bis 1 Blende, Haltbarkeit von Jahren, ergibt nach dem üblichen Wässern - Fixieren - Trocken immer tolle Bilder ohne blockierte Lichter und das von einem Hersteller aus den USA!
Hat die Menschheit es nun doch geschafft, die Eierlegende Wollmilchsau zu generieren. Ein Wunder! (man sollte sich „das Leben des Brian“ anschauen um diesen Ausspruch zu Verstehen)
Nun, so einfach ist es nicht, auch nicht wie es der Hersteller auf der Verpackung versprechen möchte. Einige Filme „fühlen“ sich eben mit Diafine mehr „wohl“ als andere. Warum das so ist, erkläre ich weiter unten.
Zuallererst möchte ich erst einmal erklären wie das „Zeug“ eigentlich funktioniert. Diafine wird in zwei Verpackungsgrößen geliefert, für eine US-Gallone Arbeitslösung oder für ein Quart Arbeitslösung, jeweils für Part A und B. Wer mit beiden Einheiten nichts anzufangen weiß, eine US-gal entspricht 3,7854 Liter und ein Qt entspricht 0,946 Liter, man beachte aber es gibt auch imperiale Gallonen! Wenn man nun endlich das Päckchen bekommt, dann sind zwei weiße Döschen drin (bei der Qt-Konfektionierung), die pro Dose auf einem Aufkleber entweder die Bezeichnung A-xxxx oder B-xxxx haben. xxxx bezeichnet die Chargennummer und A und B den Teil des Entwicklers. Ja, der Entwickler besteht aus zwei Teilen! Don‘t mix it up! Wer bisher nur Entwickler aus einer Flasche kannte, könnte in Versuchung geraten beide zu mischen, was grundsätzlich falsch ist.
Der Teil A stellt den eigentlichen Entwickler dar, nur ist der von Haus aus (und das ist eigentlich jeder Entwickler) gaaaaaaaaaaaanz langsaaaaaam. Damit wir nicht Tage auf die Entwicklung warten müssen, sondern stattdessen lieber fotografieren sollen, haben sich die Chemiker Acceleratoren, Beschleuniger, einfallen lassen. Dieser Beschleuniger ist Teil B. In einem Ein-Pulver/Flaschen Entwickler sind beide Teile gemischt und deshalb haben diese Entwickler auch eine begrenzte Haltbarkeit, die von Stunden bis einige Monate gehen können, weshalb die Hersteller von Entwicklern „Konservierungsstoffe“, Stabilisatoren, der Brühe beimengen.
Wie funktioniert das Ganze nun. Die Theorie besagt, das der Teil A in die Emulsion kriecht, zwar langsam mit dem Entwickeln anfängt, aber nicht richtig zur Sache kommt. Deshalb ist es egal, ob man den Film 3 min oder 5 min in der Suppe A läßt, es passiert nicht viel. Damit der Teil A den Film benetzen kann, muß der Film trocken sein, also fällt ein pre-soak (Vorwässern) flach. Nachdem der Film in Teil A so 3 min „eingeweicht“ wurde, wird die Lösung zurück in den Behälter geschüttet und nicht in die Toilette! Danach kommt der Beschleuniger zum Einsatz. Der Beschleuniger hat nur die Menge an Teil A zur Verfügung, die am Film haften geblieben ist und wird demzufolge nur auf das notwendige Maß beschränkt, um den Entwickler das umwandeln von Silbersalz zu metallischen Silber zu ermöglichen. Dies führt dazu das normalerweise die Lichter nicht ausbrennen, der Entwickler also kompensierend wirkt! Das bedeutet aber auch, daß man nicht mehr die Filme manuell pushen kann und gleichzeitig die Kontraststeuerung über die Verweildauer des Filmes im Entwickler nicht mehr funktioniert. Dies hat auch Auswirkungen auf die Art und Weise der Belichtungsmessung, mehr dazu weiter unten. Nach drei Minuten wird die Lösung in den Behälter von Teil B zurückgeschüttet. Verfärbungen haben keine Auswirkungen. Man kann sagen, Diafine ist sogar umweltfreundlich, weil der Chemikalienverbrauch minimal ist und demzufolge die Abfallbeseitigung auch - sehr gut.
Wie steuert man denn aber den Kontrast? Die Angaben auf der Verpackung sind brauchbar, allerdings nur, wenn die Motive kontrastreich sind. Wenn die Motive flau sind werden auch die Ergebnisse flau, falls man sich an dem Vorschlag der Verpackung hält. Man kann Diafine auch bei kontrastarmen Motiven einsetzen, nur sollte man dann mit der angegebenen Empfindlichkeit auf der Filmverpackung belichten! Das ist meine Erfahrung. Zum Beispiel habe ich die FP4+ Backup-Filmblätter meiner Großformat-Session in Diafine entwickelt und tatsächlich einen Kontrastgewinn gegenüber denen, mit Rodinal 1+49, entwickelten Filmen feststellen können.
Mit dem Wegfallen der Kontraststeuerung über die Entwicklungszeit funktioniert der alte Leitsatz, Belichtung auf die Schatten und Entwickeln auf die Lichter nicht mehr!!! Eine Belichtung auf die Mitten bringt den Segen! Auf diese Weise habe ich den Belichtungsmesser meiner alten Rolleiflex, der übrigens auch noch nach 51 Jahren tadellos funktioniert, wieder schätzen gelernt. :-)
Dann gibt es noch das Problem der „neuen“ Emulsionen, Filme wie T-Max und Delta aber auch der R3 von Rollei/Maco mögen Diafine nicht besonders, das ließt man sehr oft im Netz.
Dies liegt nach meinem Dafürhalten an der Einwirkzeit, am Kipprhythmus und am Pull-Verhalten, denn die Emulsionen sind dicker als die klassischen. Das Kippen dient hier nicht, wie bei Ein-Part-Entwicklern, zum Heranführen neuen Entwicklers an die Filmoberfläche, sondern eher zum Wegspülen der Endprodukte der chemischen Reaktion! Denn bei zu geringem Kippen können sich Bromidfahnen als Verfärbung auf dem Film bemerkbar machen. Nochmals zum Auffrischen, der Entwickler (Teil A) ist bereits im Film (Pre-soaking-Effekt), das Bewegen verhindert die Ablagerung von Bromiden auf dem Film. Aufgrund der Dicke der Emulsion braucht Diafine mehr Einwirkvolumen und damit auch längere Zeiten um vollständig zu wirken. Längere Kipp-Intervalle bis hin zur kontinuierlichen Rotation (Tube-Entwicklung bei Planfilmen bei mir) sind demnach förderlich! Offenbar verhalten sich die „neuen“ Emulsionen gerade anders herum wie die klassischen. Die klassischen Emulsionen werden in Diafine gepusht und die neuen gepullt!
Ich habe relativ gute Erfahrungen mit Delta 100 (Rollfilm) machen können, belichtet mit ISO 50 in Diafine 5 + 5 min und 10 sec kippen nach jeder halben Minute bei kontrastreichen Motiven (siehe auch den 3. Teil meiner Abhandlung). Die Bilder zeigen (mit etwas Erfahrung) feines und akzeptables Korn (o.k., ist Mittelformat), feine Tonwertverteilung in den Mitten, keine abgesoffenen Schatten und keine ausgebrannten Lichter.
Kontrastarme Motive und Delta 100 muß ich noch testen. Mit T-Max und dem KB-Format generell kombiniert mit Diafine befasse ich mich später vielleicht.
Zum Schluß ist also doch alles ganz einfach mit Diafine:
- Man beachte klassische Emulsionen erfahren einen Push, neue Emulsionen eher einen Pull!
- Belichtung unbedingt auf die Mitten!
- kontrastreiches Motiv bedeutet Belichtung des Films nach den Angaben von Diafine*
- kontrastarmes Motiv bedeutet Belichtung des Films nach den Angaben des Filmherstellers*
- klassische Filme bedeutet 3 +3 min und normalen Kipprhythmus
- * neue Emulsionen wie T-Max und Delta bedeutet 5 + 5 min bei Reduzierung der Belichtungsempfindlichkeit um die Hälfte der Angabe des Filmherstellers (als Startpunkt für Experimente) und intensivem Kipprhythmus
Ich habe das Zeug schätzen gelernt, denn jetzt habe ich einen Entwickler für den Sommer, denn die Sommerzeit ist die Zeit mit den stärksten Kontrasten. Rodinal bleibt trotzdem mein Standardentwickler und für die feinen „Geschichten“ betraue ich nur diesen Entwickler damit meine Filme zu benetzen, es ist aber gut zu wissen, das ich Diafine habe, für die heiße Zeit des Jahres ...
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Sonntag, 11. Mai 2008